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Die Perle des Südburgenlandes

Glockenweihe in Güssing, 6.9.1925

- Sonntag, 6. September 1925. -

Ein lachender Morgen brach an und die Septembersonne flutete golden über Berg und Tal. Zur grössten Freude aller ängstlichen Gemüter die schon Tage vorher Ausschau hielten ob eine günstige Witterung uns be­schert sein werde, an dem langersehnten Tage der Glockenweihe. — Nun ein schöneres und günstigeres Wetter hätten wir nicht wünschen können.

Früh morgens donnerten die ersten Böllerschüsse in die noch schlafende Natur hinein, alle einladend zum fro­hen Mitfeiern an dem seltenen Festtag. Allüberall sah man schon in den frühen Stunden regsame Hände den letzten Schmuck anlegen um der gan­zen Feierlichkeit ein festliches Ge­pränge zu geben. Gegen 8 Uhr strömte eine ge­waltige Menge dem Sammelplatz zu, an der Kreuzung der Wege nach St. Nikolaus und Heiligenkreuz bei der Marienstatue, welche Herr Mathias Táncos anlässlich des Glockenweih­festes von H. Pomper geschmackvoll renovieren liess.

Am Sammelplatze boten einen farbenprächtigen Anblick die herrlich­ geschmückten, von der Firma Max Samassa in Wr. Neustadt gegossenen Glocken, umgeben von den als Engel gekleideten kleinen Mädchen. Nach Ankunft der verschiedenen Vereine, der Glockenmütter und der Geistlichkeit, gestaltete sich der Fest­zug folgendermassen: An der Spitze marschierten die Schulkinder, ihnen folgten weissge­kleidete Mädchen, der „Geselligkeits­verein der Güssinger Gewerbegehilfen“, Burschen und Männer, die Feuerwehr aus Güssing, Steingraben und Sulz, die Musikkapelle Radunsky und der Veteranenverein. Der erste Wagen mit den Glocken der Klosteikirche, dann ein zweiter mit den Engelein, ein drit­ter mit den Glocken der Jakobikirche, die Glockenmütter, die Geistlichkeit, der Bürgermeister mit dem Schulstuhl, nach diesen eine unabsehbare Menge Volkes. Ein imposanter Aufeug, der allen Güssingern- wohl lange in Erinnerung bleiben wird.

Unter den Festklängen der Mu­sikkapelle marschierte nun der Fest­zug durch die hiezu errichteten Tri­umphbögen vor die Pfarrklosterkirche, wo der feierliche Gottesdienst samt Glockenweihe stattfinden sollte. Nach Aufstellung und Gruppie­rung der Vereine begann die Feld­messe, bei welcher das Güssinger Salonorchester und der Gemischte-Chor in mustergültiger Wese die „C-Dur“ Figuralmesse von Kempter zum Vor­trage brachten.

Zu dem Festakte erschienen auch H. Landesregierungsrat Bezirkshaupt­mann Dr. Ernst Mayerhofer samt Ge­mahlin, H. Bezirkshauptmann-Stellver­treter Dr. Karl Stadler und viele Ver­treter der Güssinger Ämter. Nach der Messe vollzog P. Alfons Pfeiffer Quardian die Glockenweihe mit Assistenz der P. Gratian Leser und P. Florid Deák. Nach vollzogener Weihe schilderte P. Alfons Pfeiffer in tiefst zu Herzen gehender, eindrucksvoller und aus­ führlicher Rede die so Manche zu Tränen rührte und unseren Pfarrkindern noch lange im Gedächtnisse bleiben wird, die Bestimmung der neu­geweihten Glocken, im Sinne des herr­lichen Gedichtes, von Schiller „nur ewigen und ernsten Dinge, sei ihr metall’ner Mund geweiht“.

Hierauf trugen die kleine Theresia Klee und Elisabeth Artinger je ein Gedicht vor. Dann traten die Glockenmütter zu den Glocken um sie zum ersten­ mal ertönen zu lassen. P. Quardian reichte ihnen einen kleinen Hammer den ersten Schlag auszuführen, wobei die Damen wie folgt, folgende Sprüche hinzufügten:

Frau Wittwe Ludwig Dömötör: „Friede sei dein Erstgeläut’ und erklinge stets zur Ehre Gottes.“

Frau Dr. Sik: „Zur Eintracht im herzinnigen Vereine, versammle die christliche Gemeinde.“

Frau Maria Herbst: „Dein Ge­läute sei der Mahnruf zur Erinnerung an unsere teuren Toten und zu einem Gebet für ihr Seelenheil“.

Frau Dr. Csaplovits: „Des Mei­sters Hand hat dich geschafft, klinge nun Gott zur Ehre, und verkündige uns alle Zeit den Frieden und die Einigkeit“.

Die erhebende Feier schloss unter den gewaltigen Accorden des „Te Deum“-s.

Nun folgte der Aufzug der Glocken wobei die ersten zwei Glocken unter tatkräftiger Mitwirkung der Güs­singer Gewerbegehilfen begleitet von Musikklängen und tausenden von freudeglänzenden Augen der Zuschauer ihrem Bestimmungsorte zu in die Höhe schwebten. Die neuaufgezogenen Glocken er­tönten zum erstenmal mit ihrem hellen wunderschönen Klange, nachmittags um halb 3 Uhr begleitend ihre Schwe­stern in dem Festzuge, allerdings im kleineren Ausmasse wie Vormittag zur Jakobikirche hinauf. Eine feierliche Vesper leitete oben den Akt ein, nach welcher auch diese Glocken in den Turm hinaufgezogen wurden.

So wäre dann der langersehnte Wunsch der Güssinger Bevölkerung in Erfüllung gegangen. Die Feier wird uns unvergesslich sein. Seien hier auch auf diesem Wege allen denjenigen ein herzliches „Vergelt’s Gott“ gesagt, die mit ihren Scherflein dazu beigetragen haben, dass die Glocken herbeigeschafft werden konnten. Vor allem aber wollen wir dem Glockenkomitee, sowie dem Schulstuhl, insbesonders aber den zwei Herren Stefan Klee und August Artinger für ihre rührige, keine mühe scheuende Tätigkeit den herzlichsten Dank aussprechen.

Zum Schlüsse sei der Wunsch ausgesprochen: Wollen die neuangeschaffene Glocken mit ihren herzbe­zwingenden Tönen hineindringen in die Herzen und Seelen der Einwohner unserer Gemeinde, verkündend Gottes­ Ehre, teilnehmend an Freud’ und Leid, wie Schiller es gesungen hat:

„Dem Schicksal leihe sie die Zunge
Selbst herzlos, ohne Mitgefühl
Begleite sie mit ihrem Schwunge
Des Lebens wechselvolles Spiel“.


D K.

Quelle: Text: D.K. (Güssinger Zeitung 6. September 1925), Bilder: Güssinger Zeitung 6. September 1925.

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